01. März 2021

Kehrsatz: Autonomie, Dienstleistungen und Finanzen im Fokus

Kooperation Bern Kehrsatz

Die Gegnerinnen und Gegner argumentieren mit Autonomieverlust und fürchten, von der grossen Stadt Bern überrollt zu werden. Die Befürworterinnen und Befürworter preisen die Dienstleistungen der Stadt, viele von ihnen führen längst ein städtisches Leben. In Kehrsatz ist vor der Abstimmung über Fusionsverhandlungen eine lebendige Debatte im Gang.

Am Wochenende vom 7. März 2021 sind die Stimmberechtigen von Kehrsatz an die Urnen gerufen, um über die Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit der Stadt Bern und allfälligen weiteren Gemeinden und über einen Investitionskredit von 190'000 Franken für die Erarbeitung eines Fusionsvertrags zu befinden. Der Grundsatzentscheid fällt in einer Volksabstimmung, da eine Gemeindeversammlung coronabedingt nicht durchgeführt werden kann.

Der Gemeinderat empfiehlt ein Nein zu den Fusionsverhandlungen. Zwar bringe er einer möglichen (Gross-)fusion im Raum Bern gewisse Sympathien entgegen, aber es fehlten im Projekt viele weitere Vorortsgemeinden, argumentiert er in seiner Botschaft. Ebenso führt der Gemeinderat den Autonomieverlust, einen möglichen Verlust der Bürgernähe und die aktuell angespannte Finanzlage von Kehrsatz ins Feld.

Nach dem Entscheid des Gemeinderates hat sich in Kehrsatz eine lebhafte Debatte entwickelt. Auf Flugblättern, in den sozialen Medien und in Presse und Radio wird das Für und Wider der Fusionsperspektive verhandelt. Nachfolgend äussern die Präsidien der grössten Parteien ihre Argumente.

Judith Meister, Präsidentin Grüne Kehrsatz
«Wir Grünen von Kehrsatz sind für eine partnerschaftliche Fusion mit Bern und für die Fusionsverhandlungen. Als kleine Gemeinde nahe der Stadt leben viele unserer Bürger*innen ein städtisches Alltags- und Freizeitleben. Um unseren Ansprüchen bezüglich Dienstleistungen und Verwaltung gerecht zu werden, brauchen wir die Fusion: wir wollen professionelle Verwaltung und vielfältige, qualitative Dienstleistungen, z.B. bei der Förderung der Kinder im Vorschulalter oder in der Gestaltung des Angebots für Senioren. Auch zukünftige Investitionsprojekte wie ‘Kehrsatz Mitte’ werden auf mehrere Schultern verteilt, das sorgt für stabile Finanzen und Planungssicherheit. Wir wollen durch die Fusion effizienter werden und uns auf die wichtigen Themen konzentrieren können: politische Mitbestimmung und aktives Gestalten unseres Gemeindelebens.»

Hans Rudolf Mühlemann, Präsident SVP Kehrsatz
«Wenn es zu einer Fusion mit der Stadt Bern kommt, verlieren die bürgerlichen Parteien von Kehrsatz ihren politischen Einfluss. Kehrsatz hätte gemäss Berechnungen gerade mal zwei oder drei Sitze im Stadtrat. So rot-grün wie Bern tickt, hätten die SVP- und FDP-Politiker aus unserem Dorf kaum mehr Chancen auf einen Sitz. Was uns auch Sorgen macht, ist die rot-grüne Verkehrspolitik der Stadt. Mit einer Fusion würden die Parkplatzbewirtschaftung und andere Rezepte auf Kehrsatz ausgedehnt. Als Turnvereinsleiter habe ich zudem Angst um unser Vereinswesen, das von der Nähe lebt und von unbürokratischer Unterstützung der Gemeinde. Eine Fusion mit der Stadt Bern kann schon wegen dem Grössenunterschied nicht gut gehen. Kehrsatz würde einfach geschluckt. Daher empfehlen wir für den 7. März 2021 ein Nein zu Fusionsverhandlungen.»

Michael Jost, Präsident FDP Kehrsatz
«Mit dem Rückzug von Bolligen und Bremgarten aus dem Fusionsabklärungsprojekt ‘Kooperation Bern’ hat sich für uns die Ausgangslage geändert: Kehrsatz würde als einzige ‘kleine’ Gemeinde am Verhandlungstisch mit der Stadt Bern und Ostermundigen sitzen, eventuell gesellt sich noch Frauenkappelen dazu. Da ist die Gefahr gross, dass wir von den beiden Schwergewichten dominiert werden. Dazu kommt die angespannte Finanzlage von Kehrsatz. Die Fusionsverhandlungen würden uns 190’000 Franken kosten, Geld das wir dringend für andere Projekte brauchen. Die FDP Kehrsatz ist offen für Kooperationen und verschliesst sich dem Thema Fusion nicht grundsätzlich. Jetzt ist aber nicht der richtige Zeitpunkt für Fusionsverhandlungen, daher empfehlen wir am 7. März 2021 ein Nein.»

Tobias Hauser, Präsident SP Kehrsatz
«Nicht der richtige Zeitpunkt, zu teuer, nur eine Eingemeindung, so argumentieren die bürgerlichen Parteien derzeit. ‘Falsch!’, sagen wir von der SP dazu. Genau jetzt bieten sich Fusionsverhandlungen an, noch ist Kehrsatz in einer guten Position. In ein paar Jahren wird der finanzielle Druck so gross sein, dass nicht mehr auf Augenhöhe verhandelt werden kann. Auch andere Argumente der Gegnerschaft greifen zu kurz, dass die Schulen Autonomie verlieren oder die Krankenkassenprämien steigen würden zum Beispiel. Wir sagen: Die Prämien mögen steigen, dafür sinken die Steuern auf 1.54 in der Stadt Bern. Bei den Schulen kennt Bern verschiedene Modelle und bietet dazu mehr Möglichkeiten, so etwa bei Tagesschulen. Fusionsverhandlungen sind eine nachhaltigere Zukunftsstrategie, als ein Bevölkerungswachstum von 30% anzustreben, ohne an die Folgekosten im Bereich der Schulinfrastruktur zu denken. Darum packen wir die Chance und stimmen am 7. März 2021 Ja.»

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