Im Oktober fand im Sternensaal Bern-Bümpliz der Partizipationsanlass zum Thema Stadtteilpartizipation statt. Dabei entwickelten sich interessante und erkenntnisreiche Diskussionen.
Trotz erschwerten Durchführungsbedingungen durch die Corona-Pandemie fanden sich über zwanzig Teilnehmende im Sternensaal ein. In Gruppen von sechs bis acht Personen befassten sich die Teilnehmenden dabei mit verschiedenen Fragen rund um die Themen Fusion und Stadtteilpartizipation. Dabei waren unter anderem Mitglieder aus den Quartierorganisationen und dem Stadtrat sowie interessierte Privatpersonen aus Bern und den umliegenden Gemeinden.
Hauptthema des Abends war die Stadtteilpartizipation. Heute gibt es in der Stadt Bern Quartierorganisationen, welche die Mitsprache der Bevölkerung zu städtischen Themen sicherstellen. Bei einer Fusion würden die dazu stossenden Gemeinden zu Stadtteilen. Sie hätten keine Gemeinderäte und Parlamente bzw. Gemeindeversammlungen mehr und würden somit an politischer Eigenständigkeit einbüssen. Im Fusionsprozess soll deswegen, so der Tenor in den Diskussionen, eine valable Alternative geschaffen werden, die sowohl für die alten wie die neuen Stadtteile stimmt.
In der Machbarkeitsstudie «Kooperation Bern» wurden drei Modelle ausgearbeitet, wie die zukünftige Stadtteilpartizipation aussehen könnte. Viele Voten und Ideen wurden eingebracht. Dabei zeigte sich, dass eine Mehrheit der Teilnehmenden das heutige System der Stadt Bern gerne beibehalten möchte, dass dieses aber erweitert werden soll.
In den aktuellen Stadtberner Quartierorganisationen (QO) haben Vertreterinnen und Vertreter von Quartiervereinen und von Stadtratsparteien Einsitz. Die QO sind die offiziellen Ansprechpartnerinnen für den Gemeinderat und die Verwaltung bei Projekten, Planungen und Entscheidungen, die das jeweilige Quartier besonders betreffen. Sie werden von der Stadt subventioniert. Der grosse Vorteil der QO ist laut den Teilnehmenden, dass sie niederschwellig sind, dass also durch sie möglichst viele Personen politisch und gesellschaftlich mitbestimmen können. Allerdings führt der steigende Organisations- und Administrationsaufwand zu einer zunehmenden Belastung der freiwillig Tätigen.
Um diesem Problem zu begegnen, sollen die QO mit Elementen aus dem Modell «Stadtteile mit Organen» ergänzt werden. In diesem Modell wählen die Stimmberechtigten eines Stadtteils ihre Vertretung in einem Mitwirkungsorgan analog der QO. Dieses wirkt bei städtischen Projekten mit, die den Stadtteil betreffen, und bringt die Interessen des Stadtteils in die politischen Entscheidungsprozesse auf städtischer Ebene ein. Die Stimmberechtigen treffen dann zu den einzelnen Vorlagen lokale politische Entscheide an der Urne oder an einer Stadtteilversammlung.
Es war allerdings in den Diskussionen umstritten, wie weit man diesbezüglich gehen möchte, insbesondere was die Wahl der Vertretungen und die Abstimmungen über lokale politische Entscheide angeht. Einig war man sich hingegen bei der Notwendigkeit einer besseren finanziellen Ausstattung. Insgesamt sahen die Diskutierenden als beste Lösung ein kombiniertes Modell, welches die Niederschwelligkeit der heutigen QO mit einer Stärkung der administrativen Gremien und der finanziellen Möglichkeiten verbindet.
Was hingegen kaum Anklang fand, sind Stadtteilkonferenzen. Bei diesem Modell treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und aus interessierten Stadtteilorganisationen sowie Interessengruppen, um spezifische Themen und Projekte zu besprechen, die für ihren Stadtteil von Bedeutung sind. Aufgrund der fehlenden Verbindlichkeit wurde das Modell bei den Diskussionen am Anlass in Bümpliz klar als Rückschritt gegenüber den heutigen Quartierorganisationen empfunden.
Auch die Fusion allgemein war ein Thema. Insgesamt zeigte sich bei allen Diskussionsgruppen eine vorsichtig wohlwollende Grundeinstellung gegenüber einer Fusion. Da am Anlass auch Teilnehmende aus den umliegenden Gemeinden anwesend waren, wurde lange über die Gemeindeautonomie diskutiert. Dabei wurden einerseits spezifische Elemente wie Vereine, Ortsplanung oder Verkehr angesprochen, welche auch bei einer Fusion stark durch die neuen Stadtteile beeinflusst werden sollen. Andererseits befassten sich die Diskutierenden auch mit der politischen Gemeindeautonomie. Um die durch die Fusion verlorene Gemeindeautonomie aufzuwiegen, wünschen sich einige Teilnehmende Ausgleichsmassnahmen. Beispiele dafür wären etwa garantierte Gemeinderatssitze für die neuen Stadtteile oder ein vorübergehendes Vetorecht bei lokalen Themen.
Schliesslich wurde auch über die Einbindung der Stimmberechtigten in den Fusionsprozess gesprochen. Dabei war man sich einig, dass eine gesunde Mischung zwischen breiter Mitsprache und spezifischer Facharbeit gefunden werden muss. Die demokratische Legitimation einer solch weitreichenden Entscheidung wie einer Fusion muss sehr hoch sein. Gleichzeitig sollte aber auch verhindert werden, dass die Abklärungen und Verhandlungen zu stark blockiert werden.
In diesem Zusammenhang wurde eine klare und regelmässige Kommunikation als sehr wichtig bezeichnet. Diese kann Unklarheiten beseitigen, Unsicherheiten aufbrechen und die Bevölkerung auf den Umsetzungsprozess einstimmen.
Die Stadt Bern zieht für den Anlass insgesamt ein positives Fazit. Die geleiteten Kleingruppen führen zu angeregten Diskussionen zwischen Teilnehmenden aus verschiedenen Feldern und mit unterschiedlichen Perspektiven. Sie erlauben einen detaillierten Austausch zu allen Aspekten der Fusion und der Stadtteilpartizipation und lassen auch differenziertere Lösungsvorschläge zu. Auch von den Diskutierenden erhielt die Stadt Bern positive Rückmeldungen. Das Gefäss der Fokusgruppen wurde sehr geschätzt und als wertvoll erachtet. Im Fall einer Aufnahme von Fusionsverhandlungen bleibt der Austausch zwischen Behörden und Bevölkerung auch weiterhin sehr wichtig.
Ausführungen zu verschiedenen Möglichkeiten der Stadtteilpartizipation finden Sie in der Machbarkeitsstudie, Kapitel 3.
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